Ganz bewusst habe ich im Link die bis 1926 gültige Schreibweise von Kassel gewählt. Leider ist vieles dieser über tausendjährigen Stadt den Bombenangriffen vom 22.Oktober 1943 zum Opfer gefallen.

Auf die Wilhelmshöhe, den Herkules und das Schloss möchte ich nicht näher eingehen, da sie in jedem Reiseführer zu finden sind. Daß es sich hierbei um den größten Bergpark Europas handelt, weiß doch hoffentlich jeder.    Oder?

Ich möchte hier ein paar unbekanntere Objekte zeigen, die ihr im heutigen Kassel leider nicht mehr vorfindet. Anschließend schaut euch ruhig noch den Fasanenhof an.

Dieses sollte die “Chattenburg” werden, leider ist sie nie ganz fertig geworden. Die nach den Plänen von Christoph Jussow erbaute Residenz brannte in einer kalten Winternacht bis auf die Grundmauern nieder.
Heute steht dort das Regierungspräsidium. Im Hintergrund sieht man die Martinskirche, damals noch mit einem Turm.

Das Auethor erb. vor 1820, 1824 Umbau wie auf dem Foto, 1907 wg.dem Bau des Kgl.Hoftheaters versetzt.

Artilleriestraße mit Zeughaus wurde, obwohl die über 100m lange Fassade fast vollständig erhalten blieb, zu Gunsten eines Neubaues der Berufsschule abgerissen. Nur die Giebelwand steht heute noch.

Rechts die Lutherkirche, heute steht nur nur der Turm Das Kirchenschiff wurde im Krieg zerstört. An dessen Stelle steht auf dem alten Grundriss ein moderner Flachbau.

Das Königliche Hoftheater erbaut 1909 , oben vom Friedrichsplatz aus gesehen, im unteren Bild von der Aue her.Kassel Theater hinten

Rechts ein Plan von Kassel, wie es über hunderte von Jahren bis zu seiner Zerstörung ausgesehen hat. Die dichte Bebauung mit Fachwerkhäusern zwischen Fulda und Königsstraße hatte nach dem Bombenangriff vom Okt.43 verheerende Auswirkungen zur Folge.

          22. Okt. 1943

Am Abend des 22.Oktober 1943 flogen britische Lanchester- und Hallifax-Bomber den schwersten Angiff gegen Kassel. Die Stadt ging in einem Feuersturm unter. Viele Bürger erstickten oder verbrannten in den Luftschutzräumen durch die vielen abgeworfenen Brandbomben. Es traten etliche Flächenbrände auf, 80 Prozent der Stadt, die durch die hier ansässige Rüstungsindustrie zum Ziel geworden war, wurden in ca. 2 Stunden dem Erdboden gleich gemacht. Der rötliche Feuerschein war noch in 50km Entfernung sichtbar.

     Nach Britischen Unterlagen wurden abgeworfen:
       294 Leuchtbomben
       197 Zielmarkierungsbomben
         33 Sprengbomben GP  ( 5  Zentner)
         79 Sprengbomben MC ( 5  Zentner)
         69 Sprengbomben GP  (10 Zentner)
       413 Sprengbomben MC (10 Zentner)
         64 Luftminen         HC  ( 20 Zentner)
       285 Luftminen         HC  ( 40 Zentner)
           3 Luftminen         HC  ( 80 Zentner)
386.747 Stabbrandbomben   (1,7 kg)
  10.743 Stabbrandbomben X( mit Sprengsatz
  19.366 Flüssigkeitsbrandbomben  (14 kg)

Gesamtzahl der abgeworfenen Bomben 418.293
                 

Der Friedrichsplatz, im Hintergrund ist das noch gut erhaltene Theater zu sehen, das in den 50er Jahren auf Grund politischer Querelen gegen den Willen der Bürger abgerissen wurde. Heute steht dort ein schmuckloser Bau.

Opfer des Angriffs in der Oberen Karlstraße. Insgesamt fallen diesem Feuersturm fast 10.000 Kasseler Bürger in einer Nacht zum Opfer.

Über Nacht hat sich das Leben der Bewohner Kassels auf unfaßbare Weise geändert.

Blick auf das Rathaus, von der Wilhelmsstraße aus.

            Fasanenhof

Der Möncheberg mit dem Fasanenhofgelände
Das Kasseler Becken wird im Norden von dem 218 rn hohen Möncheberg begrenzt, dessen Name auf die früheren
Besitzer, die Mönche vom Karmeliterkloster bei der Brüderkirche in Kassel, hinweist. Obwohl der Berg nicht sehr hoch ist, hat man doch von seiner höchsten Erhebung, an der Straße von Wolfsanger nach Kassel gelegen, einen herrlichen Blick auf Kassel und die nordhessischen Berge. Und diese schöne Aussicht war es sicher auch, die an schönen Tagen Hunderte von Bürgern mit ihren Frauen und Kindern aus Kassel und Wolfsanger den Berg hinaufziehen ließ, um sich dann in dem nahegelegenen Ausflugslokal "Raabes Felsenkeller" unter schattigen Bäumen bei Kaffee und Kuchen oder einem kühlen Bier von dem Marsch auszuruhen. Bis in die zwanziger Jahre wurde das ganze Gelände nur landwirtschaftlich genutzt. Noch gab es hier keine Häuser und so konnte man von hier aus über die Felder und Wiesen ungehindert bis zum Rande der Stadt an der Weserspitze sehen. Wie so viele andere Stätten wurde auch die beliebte Gastwirtschaft ein Opfer des Bombenkrieges.
Viele Jahrhunderte war es hier oben sehr ruhig gewesen. Denn auf Grund der topografischen Verhältnisse verlief früher der Weg von Kassel nach Norden über die Möncheberg-/verlängerte Simmershäuser Straße und damit an Ihringshausen vorbei. Darüber wird denn auch in der Ihringshäuser Chronik von 1746 geklagt: "Keine Land- noch sonstigen starken Straßen gehen dadurch, nur einige Fußwege von Wilhelmshausen, Wahnhausen, Rothwesten auf Kassel, der sich die zu Fuß Reisenden bedienen, wodurch zwar die Wirte einigen, das Dorf aber keinen Nutzen hat". Erst als unter dem Landgrafen Wilhelm IX. die Ihringshäuser Allee gebaut wurde, die eine schnellere Verbindung von Kassel zum Reinhardswald und nach Veckerhagen herstellen sollte, verbesserten sich auch die Verkehrsverhältnisse für Ihringshausen.
Nach der im Staatsarchiv Marburg vorhandenen Karte vom 12.10.1791, auf der die neue Straßenführung und die Grundstücksverhältnisse dargestellt sind, führte die Straße meist über "Herrschaftliches Schäffershofs Land". Eines der Flurstücke trägt die Bezeichnung "Auf dem alten Galgen"; ein Flurname, der heute noch besteht; er erinnert an eine alte Richtstätte, die sich einst hier befand.
Einige kleine Grunstücke, die an der neuen Trasse lagen und sich nicht im landgräflichen Besitz befanden, sind getauscht worden, worauf ein Tauschvertrag vom 28.8./15.9./13.11.1792 mit dem Rittmeister Isenbart und dessen Ehe-Consortin hinweist
Als "Allee" geplant, bepflanzte man seiner Zeit die Straße mit Eichen, die sich im Laufe der Zeit zu mächtigen Bäumen entwickelten. Als diese gefällt werden sollten, weil sie krank seien, war die Kasseler Bevölkerung sehr empört und so schrieben am 7. April 1921 die "Kasseler Neuesten Nachrichten": "Die prächtige Allee mit mehrhundertjährigen Bäumen, die vom Wesertor über den Rücken des Möncheberges nach Ihringshausen führt, soll nun endgültig gefällt werden! So bestimmt eine gestern vom Kommunallandtag gutgeheißene Vorlage. Diese Kunde wird in weiten Kreisen der Bevölkerung Aufsehen erregen und vielleicht einen Sturm der Entrüstung hervorrufen. Man wird es nicht einsehen können, daß eine so wundervolle Allee, die historisch überkommen ist und eine Art Naturdenkmal darstellt, der Axt verfallen soll.” Leider hatten die Proteste der Bevölkerung keinen Erfolg, vielmehr wurden die Bäume bald danach gefällt. Bisher konnte nicht festgestellt werden, zu welchem genauen Zeitpunkt dies geschah. Auch fehlen noch Fotos von der schöne Allee. Nicht nur der Straßenbau, auch das Vorkommen von Ton, Lehm und Braunkohle führte zu einer weiteren Erschließung des Möncheberggebietes. Bei der Suche nach Ton war der Bildhauer Werner Henschel auf Kohle gestoßen; er beantragte daher am 16.11.1820 bei der Kurfürstlichen Oberrentkammer- Berg- und Salzwerks-Department  einen Schürf- und Mutschein für die Feldmarken Kassel, Wolfsanger und Ihringshausen, der ihm auch schon 2 Tage später ausgestellt wurde. Die danach durchgeführten Bodenuntersuchungen waren erfolgversprechend, und so kam es 1822 zur Gründung des Ziegelwerks Möncheberg, aus dem später die Aktiengesellschaft Möncheberger Gewerkschaft hervorging. Die Firma nahm einen enormen Aufschwung und beschäftigte um die Jahrhundertwende etwa 500 Mitarbeiter; 1890 war die Anlage noch um eine Brikettfabrik erweitert worden. Viele Häuser in Kassel sind aus Steinen der Möncheberger Gewerkschaft erbaut und mit deren Dachziegeln gedeckt worden.

Herrenhaus Gut Fasanenhof 
                       
Den alten Kasselanern war der Fasanenhof an der früheren Wolfsangerstraße mit seinen aus Bruchsteinen errichteten Gebäuden, dem Herrenhaus in der Mitte, umgeben von herrlichen alten Bäumen und den dahinter angelegten Obstplantagen - die mit einer etwa 3 m hohen Mauer umgeben waren - ein vertrautes Bild. Nordwestlich von dem Gutshof, der seinen Namen von der dort im 16. Jahrhundert betriebenen Fasanenzucht hat, lagen die Ländereien,die sich bis zur Lenau-/Hebbelstraße hinzogen. Die Wielandstraße und die Straße Am Felsenkeller bildeten in etwa die nördliche Grenze. Dieser Teil des Möncheberggebietes gehörte ehemals zum Augustiner-Nonnenkloster St. Salvator und Maria auf dem Ahnaberg in Kassel, kurz KLOSTER AHNABERG genannt.  (rechts)Im Laufe der Zeit war das Gut langfristig an verschiedene Familien verpachtet worden. Hieran änderte sich auch nichts, als 1866 Kurhessen preußisch geworden war. Zuständig war jetzt lediglich die Preußische Domänenverwaltung. Von ihr konnte 1920 die Stadt Kassel das Gut mit dem etwa 1500000 qm großen Gelände zum Preise von 1.250000 RM kaufen. Die Eingemeindung erfolgte jedoch erst mit dem Gesetz vom 4.1.1926. Nach dem Vertrag war die Stadt Kassel verpflichtet, das Gelände für Kleinsiedlungszwecke und Dauergärten zu verwenden

Möncheberger Gewerkschaft
Welchen Umfang die Fabrikationsanlagen im Laufeder Zeit angenommen hatten, zeigt das nachstehende Bild, auf dem im Hintergrund auch noch die hohen Bäume

der Ihringshäuser Allee zu erkennen sind. Nach 1945 wurden das große Loch des Braunkohletagebaus mit Trümmerschutt aufgefüllt. Heute befinden sich verschiedene Betriebe auf dem Gelände.

Kloster Ahnaberg
Gegründet hatte es die Landgräfin Hedwig von Thüringen im 12. Jahrhundert. Das Kloster stand an der EckeWeser-Zeughausstraße, etwa da, wo heute die Max-Eyth-Schule steht und hatte etwa 40 Insassen.

Die zunächst zum Abbruch vorgesehenen Gutsgebäude wurden in 65 Wohnungen umgebaut, die leider größtenteils beim Fliegerangriff auf Kassel am 23.10.1943 zerstört wurden. Nach dem II.Weltkrieg fielen auch die vorhandenen Gebäudeteile der Spitzhacke zum Opfer.

Heute steht auf dem Gelände des Gutshofes das Heinrich-Constantin-Heim, ein Alten- und Pflegeheim der Stadt Kassel. Die früheren Terrassen und Parkanlagen mit den anschließenden Kleingärten sowie das nahegelegene Bossental, in dem früher die Pulverhäuser der Artillerie standen, dienen jetzt der Kasseler Bevölkerung als Naherholungsgebiet.

Blick über die Stadt vom "Belvedere"

Der Berggarten "Belvedere" - bei den Einheimischen hieß er nur "das Belverdere" - bot vom Möncheberg aus einen Blick über die Stadt bis zu den Höhen des Habichtswaldes und des Dörnbergs. Das italienische Wort Belvedere (französisch Bellevue) bedeutet ja auch nichts anderes als schöne Aussicht und wird gern für Aussichtspunkte und Schlösser verwendet. Man denke an den Gartenpalast Belvedere im Vatikan, an das Lustschloß in Wien oder das Jagdschloß in Weimar . Das Kasseler "Belvedere" wurde in der Mitte des vorigen Jahrhunderts gebaut, wahrscheinlich von einem Geschäftsführer der "Möncheberger Gewerkschaft" namens Lenderoth. Nach seinem Tode war die Witwe Lenderoth lange Jahre Eigentümerin. 1900 besaß ein Architekt Denner das Anwesen. 1905 ist eine "Terrain-Gesellschaft" Eigentümer, 1912 das "Belvedere-Konsortium" und ab 1926 die Familie Becker. Erstmals taucht das "Belvedere' , im Kasseler Adreßbuch von 1862 auf. Da heißt es: Christian August Kohlus, Restaurateur auf Belvedere, Wesertor 97. Zweimal noch wechselten die Straßenbezeichnungen: Bis zum Ersten Weltkrieg liegt die Gaststätte "Belvedere" auf dem Grundstück Mönchebergstraße 49, danach an der  Wilhelmsthaler Straße und hat die Nummer 19.

Schon im vorigen Jahrhundert war das "Belvedere" ein beliebtes Ausflugslokal und Gartencafe. Das blieb so bis zur Schließung des Lokals am Anfang des Zweiten Weltkrieges. Viele bekannte Kasseler Gastronomen haben das Gartenrestaurant bewirtschaftet, so nach dem bereits erwähnten Kohlus (1862) u. a. die Gastwirte Gester und Bürdorf, Göttling (1895), Spannknebel (1900), August Aurin (1904 bis 1910), Lorenz (1912), Otto Trube (1923), Gustav Vaupel (1929), Philipp Gottmann (1930), Heinrich Wagner (1937), Käthe Faber (1939). Im August 1910 wußte eine Kasseler Tageszeitung über eine besondere Veranstaltung im "Belvedere" zu berichten: "Das am Mittwoch von Herrn A. Aurin veranstaltete Konzert mit Illumination und Feuerwerk hatte sich eines guten Besuches zu erfreuen. Die Kapelle Rehmann leistete Vorzügliches und mußte sich zu vielen Zugaben verstehen. Das von Herrn Emil  Bretscher, Kunstfeuerwerker, ausgeführte und abgebrannte Prachtfeuerwerk zeigte ganz prächtige Bilder. Vom hohen Aussichtsturme beleuchtete man in drei bengalischen Farben die nachtschwarze Umgebung."
Der Aussichtsturm mit seinen 199 Stufen war stets eine besondere Attraktion des "Belvedere". Hoch oben hatte man Fernrohre angebracht. So konnten die Gäste die herrliche Landschaft um Kassel auch vergrößert genießen Zu August Aurins Zeiten war bei schönem Wetter an jedem Wochenende und an jedem Feiertag Konzert im Freien. Beliebt war bei den Gästen besonders der Aurinsche Speckkuchen. Wirt Aurin bereicherte das Unternehmen noch durch einen Zoologischen Garten. Er schaffte 15 Affen an, Wildschweine, Bären, Rehe und Seehunde. Sechs Ponys in einer kleinen Reitbahn waren die ganze Freude der Kinder. - Unser Bild, um die Jahrhundertwende aufgenommen, zeigt das ganze Anwesen "Belvedere" mit links dem Aussichtsturm hoch oben auf dem Möncheberg. Das Kaffeeaufgießen war damals große Mode, und das "Belvedere" soll daran manchmal an Tagen mit großem Betrieb bis zu 150 Mark verdient haben. - Mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs schloß das "Belvedere" seine Pforten. Ein Bombenangriff am 3. Oktober 1943 beschädigte die Gebäude schwer. Der Turm aber blieb nahezu unversehrt und ragte noch nach dem Krieg einige Zeit in den Himmel, bis auch er Neubauten wich.

Auf den Felsenkeller-Terrassen über´m Bossental

Hoch oben über Wolfsanger, zwischen Höheweg und Bossental, baute im vorigen Jahrhundert Landwirt und Brauereibesitzer Gustav Otto Raabe, der von 1884 bis 1892 Bürgermeister in Wolfsanger war , einen Felsenkeller,
um das im Winter gewonnene Eis das ganze Jahr über erhalten zu können, und dazu eine Gastwirtschaft. Das Lokal hieß fortan Raabes Felsenkeller. Von hier ging der Blick über Heiligenrode, Kassel und das Fuldatal, den Habichtswald bis zum Dörnberg. Bei gutem Wetter konnte man sogar den Heiligenberg und den Alheimer sehen Raabe teilte seinen Besitz auf: Sohn Gustav Adolf erhielt Felsenkeller und Brauerei. Diese lag ursprünglich auf dem Hofgrundstück, heute Wolfsangerstraße 100. Die alten Kellergewölbe sind trotz Ausbombung im letzten Krieg dort noch vorhanden. Sohn Hermann Friedrich Raabe erbte die Landwirtschaft. Ihm machte der Vater zur Auflage, allwinterlich das Eis vom Teich in der Fuldaniederung für seinen Bruder zum Felsenkeller zu fahren. Pro Fuhre (es mußte vierspännig den steilen Hang hinaufgefahren werden) bekam er einen Taler. Das Eis wurdevon oben durch ein rundes Loch im Boden etwa 15 Meter tief in den Keller geworfen. Das Loch wurde dann mit Erde zugepackt und wuchs im Sommer ganz zu. Weiter unten am Berg, wo 1911 eine neue Brauerei entstand, hatte der Keller einen Zugang. Während der Bombenangriffe des letzten Krieges fanden in den Stollen des Raabeschen Felsenkellers die Bewohner des Bossentales Schutz. Das Lokal Raabes Felsenkeller war ein Fachwerkbau, nach Süden und Westen mit Holzschindeln bekleidet. Zum Hause gehörte ein großer Obstgarten. Nach Süden hin war das steil abfallende Gelände vor dem Gasthaus in mehrere Terrassen aufgegliedert. Über einem Steinfundament miteinem Torbogen erhob sich in der Mittelachse der Terrassen eine Laube (den Blick auf das Anwesen von Süden
zeigt unser Bild). Die oberste Terrasse war der eigentliche Restaurationsgarten, die unterste Tanzplatz und Kinderspielplatz. Hier war auch das erwähnte Eisloch.

 Das eigentliche Gasthaus, auf dem Gipfel des Berges, enthielt im Erdgeschoß Hauptgastzimmer mit Büfett und Küche. Im ersten Stock gab es neben den Privaträumen des Wirtes noch ein Vereinszimmer. Es wurde lange Jahre von der Freien Turnerschaft Wolfsanger benutzt. 1898 übernahm der Brauer Wilhelm Rosenberg, der von Northeim kam, die Gastwirtschaft von seinem Vorgänger Raabe. Zu beider Zeit wirkte auf dem Felsenkeller auch der Brauer Deppe, eine damals bekannte Gestalt. Ab 1912 hatte Emil ThaImann (er war zuvor in Langensalza) den Felsenkeller als Wirt und Brauer bis in die 30er Jahre hinein.Familie Raabe, in deren Händen stets die Brauerei lag, stellte das Braugeschäft nach dem Ersten Weltkrieg ein. Eine Spezialität war das Malzbier, das auch bis nach Kassel hinein geliefert wurde. Als letzter Wirt führte Gustav Adolfs Sohn Hermann das Lokal, bis er 1939 als Soldat eingezogen wurde (er fiel 1941 ). Von da ab leitete seine Frau Anni das Lokal mit Hilfe eines Pflichtjahrmädels bis zur Ausbombung1943.Die Gastwirtschaft Felsenkeller mit ihrer herrlichen Lage war stets ein besonderer Anziehungspunkt. In der Hauptsaison waren der Garten und die Terrassen an manchen Tagen so überfüllt, daß die Wirtsfamilie auch die letzten Stühle aus ihrer Wohnung herbeiholen mußte. Sonntags kamen viele Besucher aus nah und fern und ließen sich Kaffee aufgießen. Schulklassen machten hier halt auf Wanderungen. Die Kinder tranken dann das damals beliebte Getränk “Kwatsch". 1910 erlebte der Felsenkeller ein Provinz-Feuerwehrfest. Leitung und Organisation hatte Gustav OttoRaabe, der seinerzeit Bezirksbrandmeister war. Auf dem ganzen Gelände waren Zelte aufgebaut. Mit Hilfe einer Dreschmaschinen-Lokomobile erzeugte man den Strom für die GlühbirnenNach Einbruch der Dunkelheit ließ ein großes Feuerwerk den Himmel erstrahlen. Wenig später gab es ein tolles Gewitter, daß alle Zelte erbebten. Der Raabesche Felsenkeller hat auch einen Platz in der Geschichte der modernen Arbeiterbewegung. Bis 1913 fanden hier die Maifeiern der Kasseler Gewerkschaften statt. Schon 1890 waren in Wolfsanger 6000 Menschen zu einer Kundgebung zusammengekommen, auf der erstmals im Regierungsbezirk öffentlich der Achtstunden-Arbeitstag gefordert wurde. In der Stadt Kassel waren damals Maidemonstrationen verboten. Am 1. Mai kam man deshalb aus allen Teilen Kassels an der Stadtgrenze nach Wolfsanger zusammen, entrollte die Fahnen, und dann ging's mit Musik - der Landjäger von Wolfsanger vorneweg - hinauf zum Felsenkeller. Führende Sozialisten haben hier gesprochen. Ein großer Holzstoß wurde abgebrannt. Manchmal gab's auch Feuerwerk. Aus Tradition kamen viele Kasselaner auch später noch stets zum 1. Mai auf den Felsenkeller. Die letzten regelmäßigen Besucher des Raabeschen Felsenkellers waren die Soldaten einer 8,8-Flak-Batterie, die während des letzten Krieges in etwa 250 Meter Entfernung in Stellung gegangen waren . Am 3. Oktober 1943 zerstörte ein Bombenvolltreffer das Wirtshaus.